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Die Rede von Frau Granold zum Volkstrauertag

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wir haben uns heute hier versammelt, um an die Menschen, die in Kriegen und durch Gewaltherrschaft starben, zu erinnern.

Für die unter uns, die selbst noch Angehörige im Krieg verloren haben, ist dieser Tag wichtig und besonders traurig. Für die Jüngeren rückt der Volkstrauertag immer ferner. Wir haben die Menschen, die durch Krieg und Gewaltherrschaft gestorben sind, nicht gekannt.

Was bedeutet „Volks“trauertag? Ist die Trauer an diesem Tag beschränkt auf die Angehörigen eines Volkes, also in Deutschland, um die Deutschen zu trauern?

Der Volkstrauertag wurde als Gedenktag für die Kriegstoten des Ersten Weltkrieges eingeführt, auf Vorschlag des kurz zuvor gegründeten Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Der Tag sollte ein Zeichen der Solidarität derjenigen, die keinen Verlust zu beklagen hatten, mit den Hinterbliebenen der Gefallenen sein.

Die erste offizielle Feierstunde fand 1922 im Deutschen Reichstag in Berlin statt. Dabei rief Reichstagspräsident Paul Löbe eindringlich zur Abkehr vom Hass auf und warb für Versöhnung und Verständigung.

Die Nationalsozialisten hatten den Volkstrauertag dann zum „Heldengedenktag“ erklärt. Er sollte alle Deutschen in Trauer vereinen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Volkstrauertag 1952 wieder als Tag der „nationalen Trauer“ eingeführt, in Abgrenzung zum nationalsozialistischen Heldengedenken. Seitdem wird auch der zivilen Opfer der Kriege gedacht.

Heute gedenken wir überall in Deutschland der Opfer von Krieg und Gewalt. Der Volkstrauertag ist aber auch ein Tag der Mahnung zu Versöhnung, Verständigung und Frieden.
Wir trauern und gedenken an diesem Tag nicht alleine, jeder für sich, sondern gemeinsam. Das ist wichtig, weil es uns gemeinsam daran erinnert, wie kostbar Demokratie und Menschenrechte sowie Frieden und Verständigung gerade auch in Europa sind.

Im vergangenen und auch in diesem Jahr sind viele Menschen nach Deutschland gekommen, die vor Krieg und Terror geflohen sind – auch hier nach Klein-Winternheim. Wir sehen hautnah den Schmerz und das Leid, das Krieg und Diktatur über Menschen bringt. Richten wir unseren Blick z.B. nur nach Syrien.

Wir denken an die Menschen, die auf der Flucht sterben, ob im Mittelmeer oder auf einer anderen Route.

Wir denken an die Kinder, die von ihren Familien getrennt und zu Waisen wurden.

Die Erinnerung an das vergangene Leid und die Trauer öffnet unsere Herzen – auch hier in Klein-Winternheim – für die Menschen, die Menschen verloren haben und unsere Hilfe brauchen. Unsere Trauer um die Toten von damals mahnt uns, für die Lebenden zu sorgen.
Leider ist da nicht überall so.

  • Europa steckt in einer tiefen Krise: die Schuldenkrise, die Briten wollen nicht mehr mitmachen, es gibt keine gemeinsame Flüchtlingspolitik und nach den Präsidentschaftswahlen in den USA ist auch über eine Neuausrichtung der europäischen Verteidigungspolitik zu entscheiden. Frieden ist nicht selbstverständlich!
  • Aber auch Entwicklungen in unserem Land geben Anlass zur Sorge, dass Viele, zu Viele, aus der Geschichte nichts gelernt haben: Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sind nicht nur auf dem Vormarsch – sie scheinen langsam salonfähig zu werden.
    Wenn wir sehen, mit welcher Erbarmungslosigkeit und mit welchem Hass Menschen anderer Herkunft, anderen Glaubens oder einer anderen Ethnie ausgegrenzt, geschmäht und attackiert werden - und dies häufig in aller Öffentlichkeit –, dann muss uns das beschämen und wütend machen, dann sind wir alle zum Handeln aufgefordert.


Die Ursachen für dieses Verhalten sind vielfältig. Aber die Muster sind erschreckend ähnlich, wenn wir sie auf die Ereignisse reflektieren, an die wir heute im Rahmen des Volkstrauertages erinnern, insbesondere an das Ende des Zweiten Weltkrieges. Damals wie heute sind es neben fehlender Empathie und kleinbürgerlicher Enge auch Geschichtsvergessenheit auf der einen und Geschichtsversessenheit auf der anderen Seite, die der Nährboden für die giftigen Blindtriebe sind.

Nutzen wir die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, damit wir uns unserer Werte versichern, damit wir Orientierung finden, damit wir solidarisch und in Verantwortung miteinander und füreinander handeln: nicht irgendwann, sondern hier und heute.

Heute wird überall auf der Welt gekämpft, wird gemordet, werden Menschenrechte mit den Füßen getreten, schlägt der Terror willkürlich zu.

Zur Sicherheit des Friedens und Bekämpfung des Terrors sind unsere Soldaten weltweit im Einsatz: 3500 Bundeswehrsoldaten beteiligen sich derzeit an Einsätzen im Ausland. Dabei operieren sie gemeinsam mit Soldaten der Bündnispartner und befreundeter Nationen:

  • in Afghanistan – 937 Soldaten
  • im Kosovo – 699 Soldaten
  • in Senegal, Mali –  572 Soldaten
  • in Nahost – 453 Soldaten
  • im Mittelmeer – 298 Soldaten
  • im Libanon – 137 Soldaten
  • im Nordirak – 123 Soldaten
  • am Horn von Afrika – 83 Soldaten
  • und in den angrenzenden Seegebieten, in der Westsahara, in Somalia und im Sudan


Von den 3500 Soldaten sind 299 Frauen und 239 Reservisten.

Wie gefährlich ihre Mission z. T. ist, konnten wir dieser Tage erst wieder in Afghanistan feststellen, wo die Stellungen der Deutschen und  US-Amerikaner von den Taliban angegriffen wurden.

 
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
Sie sehen, wie wichtig es ist, dass es den Volkstrauertag gibt als Tag des Gedenkens und der Mahnung zum Frieden. Er wird heute bundesweit unter großer Anteilnahme der wichtigen politischen und gesellschaftlichen Institutionen und der Bevölkerung begangen.
Lassen Sie mich mit einem Zitat unseres früheren Bundespräsidenten Richard von Weizäcker aus seiner Rede zum 40. Jahrestag zur Beendigung des Zweiten Weltkrieges schließen:

„Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren
… Gerade deshalb müssen wir verstehen, dass es Versöhnung ohne Erinnerung gar nicht geben kann“.

Volkstrauertag, 13.11.2016

Ute Granold
Ortsbürgermeisterin

Volkstrauertag 2016
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