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NACHGEFRAGT: Das neue Wäldchen am Wasserhaus – wie ist es durch seinen ersten Sommer gekommen?

(9/2023) Anfang dieses Jahres gab es eine große Pflanzaktion in Klein-Winternheim. Die Ortsgemeinde hatte gerufen und über 100 freiwillige Helfer kamen. Die erfolgreiche Pflanzaktion haben wir auf unserer Homepage dokumentiert. Auf über 2000 qm wurde neben einem bereits vorhandenen Gehölzstreifen ein kleiner Laubwald  gepflanzt, 900 Setzlinge wurden in die Erde gebracht. Viele fragen sich: Wie hat sich die Anpflanzung über seinen ersten Sommer entwickelt? Wir schauen uns um und sehen im September viel Grün, Fasane sind eingezogen und suchen bei unserem Besuch erschrocken das Weite, zwischen den vielen insektenfreundlichen Kräutern finden wir die Setzlinge, jetzt mit grünen Blättern, hier und da gibt es trockene Blätter und wir finden Spuren von Rehverbiss ... nichts wirklich Ungewöhnliches. Wir wollen es genauer wissen und fragen den Forstfachmann Dr. Gerhard Hanke (siehe Interview unten), wie es um das neue Biotop steht ... 

EIN BLICK AUF DAS NEUE "WÄLDCHEN AM WASSERHAUS" IM SEPTEMBER 2023

INTERVIEW MIT DR. GERHARD HANKE ZUM ENTWICKLUNGSSTAND DES WÄLDCHENS (FLUR 14. NR. 128, „AUF DER WARTHE")

  • Wie ist die Aufforstung durch ihren ersten Sommer gekommen?

G.H.: Die Pflanzung fand im Januar 2023 unter sehr guten Bedingungen statt. Der Boden war durch den anhaltenden Regen bestens mit Wasser versorgt. Noch im Juni konnte ich einen nahezu 100%igen Anwuchs feststellen. Dann folgte wieder eine längere Hitzephase, die den jungen Bäumen und Sträuchern zu schaffen machte. Eine gezielte Bewässerung wurde erforderlich. Abgesehen von einigen Ausfällen, bin ich mit dem Anwuchs der verbleibenden Bäume zufrieden.

Im relativ warmen und niederschlagsarmen Rheinhessen sind gerade die Pflanzungen auf landwirtschaftlichen Flächen deutlich anspruchsvoller als auf Waldböden. Wir rechnen daher immer auch in Normaljahren mit Ausfällen von 10-20% der Pflanzen. Mir hat ein Förster aus der Umgebung berichtet, dass er witterungsbedingt ca. 30 % Ausfall bei Laubbaumpflanzungen zu beklagen hatte..

  • Einige werden sagen und sich fragen: Da sind ja mehr Unkräuter als Bäume und Sträucher auf der Fläche – schadet das nicht der Pflanzung?

G.H.: Ganz bewusst haben wir die „Beikräuter“ noch nicht entfernt, da diese den Boden vor einer schnellen Austrocknung schützen sollen und Schatten spenden. Wie der Schutz der gepflanzten Bäume am Rand der Nachbarparzelle wirkt, kann dort gut beobachtet werden. Fast alle Bäume sind sehr gut angewachsen.

In Kürze werde ich mir die Fläche noch einmal ansehen und prüfen, ob punktuell - und dann nur um die Pflanze selbst - eine Freistellung erforderlich ist. In weiteren zwei Jahren haben sich die Pflanzen gegenüber den „Beikräutern“ in der Regel durchgesetzt.

  • Man sieht schon hier und da braune Blätter, war die Trockenheit am Anfang ein Problem? Was ist, wenn Setzlinge eingehen?

G.H.:  Natürlich hatten wir auch Ausfälle durch die Trockenheit. Mai und Juni wurden in Mainz-Lerchenberg nur 33.10 mm Niederschlag gemessen. Im regenreichen Juli waren es 93.60 mm und im August wurden gerade einmal 4.10 mm gemessen. Trockenheit ist gerade in unserer Region Rheinhessen immer ein Problem, zumal es durch den Klimawandel im Durschnitt der letzten Jahre zweifelsfrei wärmer geworden ist.

Im Moment würde ich nicht nachpflanzen. Wir kalkulieren immer eine größere Anzahl von Pflanzen ein, um einem Verlust an Pflanzen durch die Witterung oder anderen Schadmöglichkeiten zahlenmäßig zu begegnen.

Die Aufforstungsfläche wurde von der Unteren Naturschutzbehörde Anfang Juni d. J. als eine erfolgreiche Neuanlage abgenommen und kann damit in ein „Ökokonto“ eingebucht werden.

  • Es gab auch Rehverbiss? Was machen Sie da?

G.H.: Rehwild ist im ortsnahen Bereich durchaus vorhanden. Ich selbst habe Rehwild schon tagsüber in der Nähe unserer kleinen Waldfläche gesehen. Als erstes haben wir die Jäger mit in unser Projekt einbezogen und gebeten, Rehwild und die Fläche im Auge zu behalten. Ein natürliches Verbissschutzmittel auf der Basis von Schaffett wurde gegen Verbiss der Knospen aufgebracht. Der Verbiss ist überschaubar, wie ich das festgestellt habe.

  • Wie „funktioniert“ die Auswahl der gepflanzten Bäume? Kann man jetzt schon sagen, ob die richtigen zukunftssicheren Baumarten ausgewählt worden sind, die auch Trockenheit aushalten? Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

G.H.: Die Auswahl der Bäume richtet sich nach den standörtlichen Gegebenheiten und den waldbaulichen Erfahrungen vor Ort. Für unsere Fläche kamen einheimische und wärmeliebende Baumarten in Frage. Ein weiteres Kriterium war die Anlage eines Mischwaldes.

Gepflanzt wurden: 200 Wildkirschen, 100 Feldahorne, 200 Spitahorne,150 Ebereschen und 50 Elsbeeren. Nicht einheimisch, allerdings von Fachleuten als wärmeliebend empfohlen, sind in diesen Mischwald 100 Blumeneschen sowie 100 Orient-Buchen integriert worden.

Die Auswahl der Pflanzen erfolgte aufgrund der guten forstlichen Praxis und der Erfahrungen von Pflanzungen am Ober-Wald. Forstwirtschaft wird in vielen Jahrzehnten gedacht. Die Entscheidung, ob unsere Planung richtig war, wird sich erst in einigen Jahren messen lassen. Ich bin allerdings optimistisch, dass wir eine richtige und zukunftssichere Entscheidung getroffen haben. Wir werden die weitere Entwicklung der Fläche beobachten.

Mit der Nachbarfläche zusammen haben wir am nördlichen Ortseingang von Klein-Winternheim ein kleines Wäldchen aufgebaut, das einen wichtigen Baustein für den lokalen Klimaschutz darstellt.

Der Grundgedanke global denken und lokal in der eigenen Gemeinde handeln, so kann Klimaschutz funktionieren.

Dankbar bin ich, dass sich Frau Ortsbürgermeisterin Ute Granold selbst sehr intensiv für dieses Projekt engagiert hat.


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