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Ein Geschichtsverein betreibt aktiven Denkmalschutz


Ein Kleinod in Zornheim, das Haus Blüm, soll gerettet werden. Es ist neben der Kirche das älteste Haus im Ort, vermutlich erbaut in den letzten Jahren des 17. Jh., nach der berüchtigten Pfalzzerstörung in den Jahren 1691/1692.

Nach den kriegsbedingten Bränden wurden damals die bis Ende des 17. Jh. üblichen Fachwerkkonstruktionen mit Dächern aus Schilf und Stroh durch eine Bauweise ersetzt, die mehr Sicherheit vor Feuer bot. So wurden die Außenmauern des Erdgeschosses des Hauses Blüm aus massivem Kalkstein errichtet, der übrigens sogar aus der Zornheimer Gemarkung kam. Lediglich die Innenwände sowie das Obergeschoß wurden damals in Fachwerk ausgeführt. Als Dacheindeckung gab man – damals ganz modern – Ziegeln den Vorzug. In der Sprache der Denkmalschützer ist das Haus Blüm so ein „barockes Wohnhaus von bedeutender städtebaulicher Wirkung“ geworden.

Wechselnde Familien lebten in dem Gebäude, darunter auch einmal ein Elternpaar mit seinen 12 Kindern. Vermutlich ab 1870 war in dem Gebäude ein Gasthof untergebracht, der bis 1991 betrieben wurde. Nach längerem Leerstand konnte der Heimat- und Geschichtsverein Zornheim das unter Denkmalschutz stehende Gebäude im Jahre 2016 erwerben – und das Abenteuer der Renovierung, bei der es viele Details zu beachten galt, begann.

Lesen Sie im Folgenden den Bericht zur Renovierung des Hauses Blüm vom Vorsitzenden des Heimat- und Geschichtsvereins Zornheim.


Die Rettung des Hauses Blüm in Zornheim

Von Alban Reinhardt

(3/2022) Der Heimat- und Geschichtsverein Zornheim (kurz: HGVZ) wurde 2013 gegründet. Ein Zweck des HGVZ ist die Wahrnehmung von Aufgaben des Denkmalschutzes, der Denkmalpflege und Ortsbildpflege gemäß § 28 Denkmalschutzgesetz Rheinland-Pfalz. 2015 wurde dem HGVZ die unter Denkmalschutz stehende alte Gaststätte Blüm in der Neugasse 1 zum Kauf angeboten. Bereits 1992 hatte die Familie Herbert und Gisela Blüm ihr Geschäft aufgegeben. Aufgrund der satzungsgemäßen Aufgabenstellung gab es da nicht viel zu überlegen, und das Haus Blüm wurde Anfang 2016 nach Vorstandsbeschluss vom HGVZ für 30.000,- €uro gekauft, auch wenn durch Renaturierungs- und Renovierungsarbeiten noch viel Geld zu investieren war.

Bis ins 20. Jahrhundert waren im gesamten Gebäudekomplex Neugasse 1 folgende Bauteile untergebracht: Wohnhaus, Ladenstube (sog. Tante-Emma-Laden), Waschküche, Scheune und Schweinestall, Schlachthaus und Gastwirtschaft. Beim Haus Blüm (alte Gaststätte) handelt es sich um ein barockes, traufseitig erschlossenes Wohnhaus eines ehemaligen Parallelhofs aus dem 17. Jahrhundert in Ecklage zum Lindenplatz. Das Erdgeschoss ist gemauert, die Fenster sind mit Sandsteinfassungen gegliedert, das Fachwerkobergeschoss ist vollständig verputzt. Das Satteldach weist eine alte Biberschwanzdeckung auf. Unter dem Gebäude befindet sich ein Gewölbekeller und vor dem hofseitigen Eingang steht ein kleiner Anbau. Das Haus ist ein zeittypischer Vertreter der Mischbauweise von gemauertem Erd- und Fachwerkobergeschoss, die sich in Zornheim spätestens nach dem Brand von 1691 bei doppelgeschossigen Bauten durchsetzte. Als Blickpunkt von mehreren Straßen kommt Haus Blüm eine bedeutende gemeindebauliche Wirkung zu.

Ab Mitte 2016 wurden folgende Arbeiten im Haus Blüm durchgeführt:

  • Mitglieder des HGVZ entfernten im alten Schankraum Möbel und Bodenbeläge, die nicht mehr zu gebrauchen waren.

  • Die baufällige Giebelwand zum Feuerwehrhaus hin wurde abgetragen,

  • die untere Mauerwand wieder aufgebaut und eine Stützkonstruktion in Holzständerbauweise gefertigt.

Zu erwähnen ist, dass natürlich auch etliche Fachfirmen für den HGVZ am Haus Blüm tätig waren. Laut dem Architekten, Herrn Gerold Diehl, wurden die Umbaukosten auf 198.000,- €uro veranschlagt, wobei die Hälfte in Eigenleistung des HGVZ erbracht werden soll.

Weitere umfangreiche Aufräumungs- und Sicherungsarbeiten vom Gewölbekeller bis zum Dachboden folgten:

  • Abdeckung der Ziegel,

  • Sanierung des Dachgebälks und Eindeckung mit alten Biberschwänzen.

  • Altes Dach des Anbaus entsorgt und mit Gründach versehen.

  • Putz zur Neugasse abgeklopft und Fachwerkwand hergerichtet.

  • Gewölbekeller ausgefugt und mit gelbem historischem Mörtel wieder eingefugt.

  • Fußboden im Gewölbekeller mit alten Ziegelsteinen verlegt.

  • Vier gusseiserne Deckenstützen im Gewölbekeller und Schankraum eingebaut.

  • Im Schankraum neuer waagrechter Stahlträger unter der Decke zur Stabilisierung eingebaut.

  • Originalgetreue Nachbildung des früheren Ladens bzw. Nebenraum der Gaststätte mit den Schaufenstern und der Tür mit Sandsteingewänden.

  • Alte Treppe und Hofzugang zugemauert und neue Treppe zum Kellerraum installiert.

  • Fachwerkwand zum Lindenplatz zu: hölzerne tragende Wand hinters Fachwerk eingebaut. (Stand: Febr. 2022)

  • Vorhandene Fenster restauriert und wieder eingesetzt.

  • Errichtung der Fachwerk-Neubildung. Gefache mit Lehmsteinen ausgemauert und mit Kalkputz verputzt.

  • Balken mit Leinöl angestrichen.

Sehr bemerkenswert ist die Spendenbereitschaft von vielen Mitgliedern, die sich sogar an Geburtstagen von Ihren Gästen Spenden für den HGVZ wünschen. Aber auch die Gemeinde Zornheim, Herr Peter Eckes und viele Zornheimer Vereine unterstützen den HGVZ großzügig. Auch flossen Mittel aus dem Dorferneuerungsprogramm des Landes und der Kreis-Ehrenamtsförderung. Dank gilt besonders Herrn Franz-Rudolf Kemler, der die Arbeiten am Haus Blüm koordiniert, darüber hinaus den vielen Mitgliedern, die uns tatkräftig unterstützen und helfen. Gedankt sei auch Herrn Peter Krämer von der Unteren Denkmalschutzbehörde MZ-Bingen und dem Ortshistoriker, Herrn Gottfried Kneib. Die Mitgliederzahl des HGVZ beträgt inzwischen über 200. Das finden wir sehr beachtlich und sagen auch dafür herzlichen Dank.

Und was wird mit dem wunderbaren Haus Blüm passieren, wenn es eines Tages fertig renoviert ist? Der Heimat- und Geschichtsverein wird dort in einigen Räumen ein Archiv aufbauen, in dem wir Bücher, Bilder, Ordner und Urkunden zum Ort unterbringen werden. Die alte Gaststätte ist als Begegnungsstätte vorgesehen und kann auch für Ausstellungen genutzt werden. Historische Geräte und Gegenstände aus Landwirtschaft, Handwerk und Haushalten, die wir auch sammeln, werden wir übrigens in einer Scheune am Hipppfad zeigen. Die Scheune hat uns die Gemeinde Zornheim dankenswerterweise für ein Museum zur Verfügung gestellt.

Kontakt mit dem Heimat- und Geschichtsverein Zornheim können Sie über den Vorsitzenden Alban Reinhardt, Tel.: 06136-44337, Mail: alban.reinhardt@remove-this.gmx.de aufnehmen. Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Vereins.


Impressionen der Arbeiten am Haus Blüm

Bilder von Alban Reinhardt und dem Zornheimer Heimat- und Geschichtsverein



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